Jahresrückblick 2018

Schneidarbeiten – Frühling
Anfangs Jahr ist die Angst vor einem weiteren Spätfrost gross. Die grosse Frage dazu: sollen wir Frostruten stehen lassen oder nicht?

Von Mitte Januar bis Mitte Februar werden die Reben geschnitten – das erste Mal mit Frostruten. Der Winter 2017 / 2018 ist mild und einer der nässeren Sorte. Gedanklich wurde wiederum ein verfrühter Austrieb, wie in den letzten beiden Jahren, befürchtet. Jedoch bremste der überdurchschnittlich kühle März 2018 den vorzeitigen Austrieb nochmals.

Bis anfangs April sind die Strecker auf die Drahtanlage gebunden. Der warme und trockene April lässt die neuen Fruchtruten austreiben. Mit dem Mai kehren die Niederschläge, überdurchschnittlich viel, zurück und das Wachstum schreitet mit grossen Schritten voran. Mit dem Regen und den Temperaturen steigt auch der Druck auf eine Pilzinfektion – die erste Spritzung wird am 07. Mai 2018 ausgebracht.

Ein Spätfrostereignis bleibt bis nach den Eisheiligen aus – zum Glück, nochmals einen solchen moralischen Dämpfer wäre gemein gewesen. Die Frostruten werden im Anschluss an die Eisheiligen gekappt – nötig waren sie nicht, im Nachhinein ist man bekanntlich immer ein Stück schlauer.

Der Mai geht als sehr nasser Monat in die Wetterstatistik ein, was rückblickend wahrscheinlich überlebenswichtig für die Rebstöcke war. Der Sommer soll trocken und sehr sonnig werden.

Blütezeit

Anfangs Juni hat man das Gefühl, jetzt muss alles sein – die Blüte (zirka 04. Juni) war kurz aber optimal (kein Wind, kein Regen, nicht zu heiss), das Einschlaufen der fast sichtbar wachsenden Fruchtruten, die einzuhaltende Spritzintervalle und wegen der neuen Rasenmähtaktik auch das Gras höher als üblich. Zum Glück waren die Samstage trocken und die Arbeiten konnten von den Aktivmitgliedern fachmännisch und konzentriert umgesetzt werden. Über zu wenig Arbeit konnte sich Keiner beklagen. Schon da merkte man, dass das Rebjahr 2018 unglaublich an Fahrt aufgenommen hat. Wenn das so weiter geht, herbsten wir so früh wie noch nie – schon wieder.

Wer gedacht hat, dass wegen der Trockenheit der Druck der Pilzerkrankungen in diesem Jahr gering ist – täuscht sich. Der Druck des falschen Mehltaus ist sicherlich geringer gewesen, jedoch der echte Mehltau mag warme Temperaturen und braucht auch keine erhöhte Luftfeuchtigkeit um seine Sporen „auszuwerfen“. Die schnelle Entwicklung der Trauben hatte aber zur Folge, dass wir „nur“ acht Mal gegen die Mehltau – Erkrankungen und zwei Mal gegen Botrytis spritzen mussten. Die Abschlussspritzung wurde bereits am 24. (Mehltau) resp. 26. Juli 2018 (Botrytis) ausgebracht. Die Spritzarbeiten waren keine leichte Aufgabe, die starke Sonneneinstrahlung liess gewisse Blätter durch Spritzrückstände „verbrennen“.

Einen Befall durch Pilzinfektionen blieb grossmehrheitlich aus. Unsere Jungreben haben ein wenig Magnesiummangel gezeigt. Was durch das Ausbringen von Bittersalz eingedämmt werden konnte und vermutlich keinen Einfluss auf die Entwicklung im zweiten Standjahr hatte.

Hochvegetation – Sommer
Mitten in der Hochvegetation, an einem schönen, heissen Mittwochabend besuchen wir Daniel Widmer auf dem Zelglihof, oberhalb von Sissach. Er prophezeit uns, dass Ende September keine Trauben mehr an den Rebstöcken hängen werden. Wieder treffen wir auf das Thema des schnellen, rasant voranschreitenden Rebjahres 2018 – er wird Recht behalten. Gemäss Ebenrain wurde bereits im August mit dem Lesen der Weissweinsorten begonnen und Mitte September war inklusive Rotweinsorten zwei Drittel geerntet.

Der Sommer ging dann trocken und mit sehr viel Sonnenschein über die Bühne, was bis in den Herbst anhielt. Dies zeigte sich dann auch in der frühsten Ernte seit 30 Jahren im Suttenberg.

Ende Juli waren die ersten Beeren bereits blau. Bis dann alle Beeren die Farbe gewechselt hatten, war es Mitte August. Das Wechseln der Farbe dauert, wie in den letzten Jahren, um 25 Tage. Mit dem blau-werden der Beeren werden die Trauben für allerlei Tiere attraktiver. Deshalb wurde am 4. August 2018 das Netz um die Traubenzone gespannt. Vorher wurden die unreifen Trauben und/oder die Schultern geschnitten – das sogenannte Erlesen. Pingelig wurde Rebstock um Rebstock abgeschritten, um auch jede Schulter zu erwischen. Am Schluss möchten wir auch die Anforderungen des AOC einhalten und ja nicht zu viele Trauben haben. Das Gleichgewicht an den Rebstöcken ist wichtig für die Qualität. Die Traubenzone wird nochmals von überschüssigem Laub befreit – die Luft soll schliesslich gut zirkulieren können um die Traubenzonen trocken zu halten.

Bis in den Herbst war Regen Mangelware, weshalb wir für unseren Herbstanlass Angst hatten, wegen der schweizweiten Waldbrandgefahr, keine Würste vom Grill anbieten zu können. Ein paar Regentropfen machten das Grillen im geschützten Rahmen dann doch noch möglich. Der Herbstanlass war wiederum ein grosser Erfolg.

Herbsten
Der Regenmangel konnte auch deutlich aus den Beeren abgelesen werden. Die Beeren waren dieses Jahr, dickhäutig und eher klein – es fehlte schlicht das Wasser. Die Sonne brannte weiter und weiter, auch dies schlug sich auf die Beeren nieder in Form von rotbrauner vertrockneten Beeren – sogenannter Sonnenbrand. Auch sonst war die Sonne bei den Samstageinsätzen omnipräsent, was zwei Mal zu einem früheren Arbeitsstart führte. Auch der rote Nacken erinnerte noch Tage nach dem Arbeitseinsatz an die Sonne.

Im letzten Jahr (Link) sprach man schon von einer sehr frühen Ernte. Da waren aber mehr die Feuchtigkeit und der Druck von Wildtieren der Auslöser. Dieses Jahr war es schlicht die erreichte resp. gewünschte Reife, die das Herbsten am 15. September 2018 auslöste. Mit einem tollen Ertrag von 610kg und einem Mostgewicht von 102° Oechsle ein erfreuliches und qualitativ tolles Rebjahr 2018. Beim Herbsten konnten wir das minderwertigere – aber noch immer in einer Topqualität – Traubengut aussortieren – ein Luxusproblem. Wir brachten die aussortierte Mangelware zu Familie Schär auf den Weidhof in Ormalingen, die uns daraus einen feinen „Truubebrand“ destillieren.

Saisonende
Die weiteren schönen, sonnigen Herbsttage wurden genutzt um das nächste Jahr  zu planen. Aber auch um die Fliegenfallen abzuhängen und den Wassertank zu entleeren. Um die Jungreben wurde trockene lockere Erde angehäuft um die Veredelungsstelle vor dem Erfrieren zu schützen.

Am 8. November 2018 ein Novum – wir haben einen Saisonabschluss ausserhalb des Rebberges veranstaltet, für alle Mitglieder die mindestens eine Stunde zum Gelingen beigetragen haben. Danke allen für den Einsatz – auch in diesem Jahr war jede einzelne Hand Gold wert. Der tolle Teamgeist wiederspiegelt sich in der Qualität der Trauben und dem Lob von Fachleuten für unseren Rebberg, wir können stolz auf unser Produkt sein.

Ausblick
Einen kurzen Ausblick sei mir erlaubt: Es wird gemunkelt, dass wir im nächsten Jahr neue Nachbarn bekommen, mehr dazu zu einem späteren Zeitpunkt. Wie es den Rebstöcken nach dem Herbsten geht, habe ich im Artikel über die Winterruhe schon erwähnt. Ich persönlich freue mich auf ein weiteres Rebjahr im Suttenberg und wünsche mir auf neu Deutsch „copy paste“ von den Rahmenbedingungen in diesem Jahr. Neue Ideen sind im Köcher, man darf gespannt sein, wo die Reise hin geht.

Truubebrand 2018

Das letztjährige Traubengut war sehr gut. Bei der Qualitätskontrolle blieb jedoch die eine oder andere Traube hängen. Es waren lediglich 44kg mit einem Mostgewicht von 106° Oechsle. Das unqualifizierte Traubengut wurde in ein separates Fass abgestreift.

Durch die fehlende Kommunikation blieb das Fass im Rebberg stehen und die Gärung konnte seinen Anfang nehmen. Was zum Glück nicht in der Qualität des abgegeben Traubengut rächte. Das Fass wurde dann mit etwas Verspätung nach Ormalingen zu Familie Schär auf den Weidhof gebracht. Um dort, wie im Jahr 2016, einen deliziösen „Truubebrand“ brennen zu lassen.

Mittlerweile ist dieses Traubengut gebrannt. An einem bitterkalten Abend wird der Edelbrand vom Vorstand persönlich in 35cl Glasflaschen abgefüllt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten und ein paar Verlusttropfen, ging das ganze flott über die Bühne. Probiert wurde selbstverständlich auch – ein sehr feiner Brand. Ihr könnt euch freuen. Die 14.3 Liter haben 39 Flaschen ergeben und können an der Jahresversammlung zum Preis von 20.- Fr. gekauft werden.

Die Köpfe dahinter – Eigenkellterung

Ich habe mich mit drei Gründungsmitgliedern unterhalten. Rolf Heitz (Ehrenmitglied), Heinz Müller (Ehrenmitglied, 1. Reb- und Kellermeister) und Emil Strübin (langjähriger Präsident, Ehrenpräsident). Die Interviews erscheinen in drei Teilen.

Dabei erzählten sie mir vor allem aus der Anfangszeit, aber auch witzige Anekdoten fanden Gehör.

Durch einen Dachstockbrand bei Emil ist quasi das gesamte Suttenberg – Archiv verbrannt. Es existieren noch wenige Dokumente aus vergangener Zeit. Wer aber die Geschichten rund um die Anfänge des Weinbauvereins Suttenberg nicht vergessen hat, sind die Mitglieder, die seit der ersten Stunde mit dabei sind. Gerade die Anfänge waren zermürbend und anstrengend.

Eigenkellterung

Nach den Querelen in den ersten vier Jahren war 1993 dann der Jungfernwein zum Kredenzen bereit.

Bis zum Jahr 1996 wurde der Wein von Heinz Müller, bei sich im Keller an der Arisdörferstrasse, gekeltert. Im Jahr 1996 findet der Wechsel zu Urs Jauslin nach Muttenz statt. Heinz Müller schildert mir das Keltern im eigenen Keller und der entsprechenden Infrastruktur in etwa so. „ Mein Freund, Urs Nussbaumer (Domaine Nussbaumer, Aesch) ist mein Lehrer und Vertrauter in den ersten Jahren als Rebmeister und Kellermeister. Ich besass bei mir im Keller an der Arisdörferstrasse eine komplette Anlage um den Wein zu keltern. Ein Holzfass und diverse Kunststofftanks gehörten unter anderem zu meiner Infrastruktur. Kunststofftanks sind zu dieser Zeit üblich und am einfachsten zu reinigen. Mit dem Wissen von Urs Nussbaumer haben wir in den ersten Jahren die Trauben be i mir im Keller verarbeitet. Dass sich der Traubensaft beim Gären ausdehnt, merkte ich schnell, als einmal der Keller unter „Traubensaft“ stand. Ich besuchte einen Kellermeisterkurs an der Weinfachschule in Wädenswil um mein Wissen zu vertiefen.

Grundsätzlich wollte der Weinbauverein Suttenberg alles selber machen, deshalb war von Anfang an klar, dass auch das Keltern in Eigenregie gemacht wird. Auch das Abfüllen fand im Keller von Heinz Müller statt. Die Initianten wollten etwas spezielle Weinflaschen für ihren Suttenberger Blauburgunder. Durch Kontakte zu einem Restaurant im Elsass konnten vom Wirt leere Schwanenhalsflaschen bezogen werden. Wie viel die Mitglieder selbst leer getrunken haben, lässt sich nicht mehr genau eruieren. Bei den Zöllnern hinterliess der Transport über die Grenze jeweils ein Lächeln.

Wer sich fragt, ob denn dieser Suttenberger Blauburgunder trinkbar gewesen sei, wird nun um ein besseres belehrt. Emil und Rolf klären mich wie folgt auf: „Die Mitglieder und Bekannte

haben diesen Wein gerne getrunken. Ist aber nicht mit der Qualität von heutigem Blauburgunder zu vergleichen, aber für die damalige Zeit etwas Besonderes.

Heinz Müller lebt heute in Südfrankreich und ist nicht mehr aktiv im Suttenberg mit dabei. Emil Strübin und Rolf Heitz sind nach wie vor immer wieder im Rebberg anzutreffen. Gegenüber früher

hat sich vom Arbeitsaufwand nicht viel geändert. Aber diverse Hilfsmittel erleichtern das Schaffen im Rebberg. So wurden früher die Spritzmittel mit einer von Hand betriebenen Rückenspritze ausgebracht. Das Anrühren von Spritzmitteln war gang und gäbe – eine giftige Angelegenheit. Aber auch als der ausgediente Öltank als Wassertank im Suttenberg Platz gefunden hat, wurde das Anschleppen von Wasserkanistern hinfällig. Von den restlichen Rebenpflegearbeiten unterscheiden sich die früheren Jahre nicht von den heutigen. Was Rolf heute so unglaublich schätzt ist, dass ehrere Generationen ein Hobby betreiben dürfen, ohne dass die Altersunterschiede zu Differenzen führen würden.

Als ich die drei zum Schluss noch um eine witzigeAnekdote gebeten habe, hatten gleich alle drei eine parat. Nach einem strengen Arbeitseinsatz („wir haben immer wie Esel gekrampft“) fragte Heinz Max Bürgin: „Nimmst du auch ein Wasser?“ „Nein, ich mache doch meinen Durst nicht mit Wasser kaputt“.

Rolf mag sich noch bestens an die Szene erinnern, als bei einer Matinee der Hund von der Baumschule Heinis eine ganze Schwarzwäldertorte vom Kuchenbuffet gefressen hat.

Bis vor drei Jahren fand nach dem Abfüllen das Etiketten aufkleben statt. Weil bei einem früheren Rebmeister alles immer seine Ordnung haben musste und keine Scherze möglich waren, getrauten sich einige Etiketten – Kleber jeweils eine Etikette verkehrt aufzukleben. Als die Flaschen in Reih und Glied auf gestellt waren, wurde der Rebmeister stinkwütend.

Ich könnte stundenlang den alten Geschichten von früher lauschen. Es wird einem umso bewusster, dass das von uns Jungen angetroffene Areal keine Selbstverständlichkeit ist.
Dem Durchhaltevermögen von früher zolle ich grossen Respekt. Den Satz von Rolf zur heutigen Situation, trifft den Nagel auf den Kopf: „Ein Projekt von mehreren Generationen, ohne dass
grössere Differenzen herrschen, motiviert mich noch heute, so tatkräftig im Rebberg mit zu arbeiten.“

Marielou

Nach dem Sturmtief Burglind anfangs Jahr, hat unser provisorisches Pergoladach auch den Sturm Marielou unbeschadet überstanden. (Stand Montag 10.12.2018 / 12.10Uhr).
Nach wie vor eine tolle Konstruktion, die tapfer jeglichem Wetter trotzt.

Aber auch sonst konnten keine Schäden festgestellt werden.

Pergola – 10. Dezember 2018

Pergola – 10. Dezember 2018