Mein persönliches Herbsten 2017

Die Trauben sind im Trockenen. Dies könnte man schon fast wortwörtlich so auffassen. Am 27. September 2017 konnten wir unsere Trauben herbsten, oder mussten wir unsere Trauben herbsten, wäre fast passender.

Das Herbsten ist für mich persönlich immer der Höhepunkt im Rebenjahr. Das Schneiden der reifen Früchte hat etwas Beruhigendes. Wir arbeiten ein gutes halbes Jahr auf diesen Moment hin. So ist es für mich nicht selbstverständlich dabei sein zu können, da ich noch arbeitstätig bin. Durch Terminverschiebungen war es mir in diesem Jahr zum dritten Mal in meiner Winzerkarriere möglich teilnehmen zu können. Das Schneiden und Erlesen der Trauben, an diesem wunderbaren Ort, etwas ausserhalb von Liestal, ist für mich einzigartig. Dabei sein zu können ist eine Ehre. Die Stimmung ist gut, da es heuer den Abschluss eines turbulenten Rebjahres bedeutet.

Bevor wir zum Weinlesetag kommen, möchte ich einen kurzen Blick zurück zeigen, wie schnell es dann plötzlich mit dem Lesen der Trauben gehen musste. Als ich den 2015er – Wein bei Urs in Muttenz am Mittwoch den 20. September 2017 abholte, machte er mich auf seine missliche Lage im Rebberg Aufmerksam. Seine Trauben werden von Wildschweinen und anderen Tieren gefressen oder auch Fäulnis breitet sich rasant auf den Trauben aus.

Zugegeben, ich habe schon besser geschlafen als die Nacht auf Donnerstag. Am Donnerstagmittag hatte ich dann die Gelegenheit den Zustand im Suttenberg zu begutachten. Ich schritt in einer Stunde Stock um Stock ab und konnte feststellen, dass 22 Rebstöcke ohne Ertrag dastehen (Jungreben selbstverständlich nicht eingerechnet). Dazu kommen sieben Rebstöcke die komplett von Vögeln leer gefressen wurden und vier die bereits von fortgeschrittener Fäulnis betroffen sind. Ich schlug bei meinen Rebmeister – Kollegen Alarm. Eine Feuerwehrübung wollten wir nicht machen, so entschieden wir uns am Montag den 25. September 2017 zu entscheiden. Die Oechsle – Messung betrug zirka 88°, gemessen mit ungefähr 75 Beeren von diversen Rebstöcken. Am Montag entschieden wir uns am Mittwoch den 27. September 2017 das Traubengut zu lesen.

Der eigentliche Weinlesetag beginnt früh mit dem Holen von Material für die Erntearbeiten. Danach müssen die Netze entfernt werden, eine nasse Angelegenheit an diesem frischen Herbstmorgen. Der Tau hängt noch an den Blättern und in den Netzen, später in den Haaren und auf den Brillengläsern.

Nach einer kurzen Instruktion, durch Flavio, anhand von Beispielen, kann die Arbeit beginnen. Dieses Jahr brauchen wir zwei Kessel pro Person. Einer für die guten, gesunden Trauben, der andere für die schlechten, faulen Trauben.

Das Lesen war, wie befürchtet, zeitaufwendiger als auch schon. Die einzelnen Beeren mussten von den Trauben gelöst werden. Quasi an jeder Traube musste geschnüffelt werden, ob sie schon nach Essig rochen. Konzentriert und pflichtbewusst wurde gearbeitet und das Schlechten vom Guten getrennt. Handverlesen.

Nach guten zwei Stunden war die Lesearbeit erledigt. Zur Qualitätskontrolle wurden alle Trauben vor dem Verladen auf den Anhänger nochmals auf fehlerhafte Beeren kontrolliert.

Beim Besuch der Weinproduzenten Region Basel / Solothurn wurde von mir 300kg Ernte angekündigt. An den Rebstöcken hingen beinahe diese 300kg, jedoch musste rund die Hälfte weggeworfen werden, was schlussendlich uns noch einen Ertrag von 135kg bescherte, mit einem Mostgewicht von 90° Oechsle.

Bevor ein reichhaltiges Mittagessen aufgetischt wurde, brachten wir die Ernte zu Urs Jauslin nach Muttenz. Das Traubengut wird als einwandfrei empfunden und wird nun in die Hände es Kelterers übergeben. Nun wird es zusammen mit Traubengut aus Maisprach zu einem Rotwein ausgebaut.

Von der Erntemenge ist es ein Minusrekord, nur gerade der Jungfernwein im Jahr 1991 brachte weniger Trauben (107kg). Vom Mostgewicht sind wir im Durchschnitt. Das schlechte Ergebnis ist auf den ersten Blick enttäuschend, klar. Aber nüchtern betrachtet auch ein Wunder, wenn wir bedenken wie es Ende April im Rebberg ausgesehen hat. Rückblickend muss man aber auch sagen, dass die Faktoren die wir beeinflussen konnten sehr gut gemacht wurden. Die übernatürlichen Einflüsse sind, zum Glück, nicht beeinflussbar.  Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir aber auf das Weinjahr 2017 detaillierter zurück schauen.

Zurück im Suttenberg steigt mir der Duft der Grillwürste in die Nase, der Magen knurrt. Die Würste vom Grill mit einem Gläschen Wein haben wir uns nach diesem Morgen mehr als verdient. Emil konnte wieder die traditionellen Schweinsbratwürste der Familie Leutwyler aus Rothenfluh besorgen.

Just zur Mittagszeit mag die Sonne die Wolkendecke aufreissen und es wird T-Shirt – Wetter. Herrlich.

Am Nachmittag werden noch die Netze ins Oristal versorgt und das Weinjahr 2017 neigt sich dem Ende zu. In ein paar Wochen wird noch die Anlage winterfest gemacht. Die Rebstöcke sind von den Strapazen fürs erste befreit. Immerhin sehen die Rebstöcke gesund aus, das Blattgrün ist gross mehrheitlich noch im Saft. Bei noch einigen Sonnenstunden kann das Energielager der Rebstöcke noch ein wenig aufgefüllt werden.

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