Jahresrückblick 2019

Wünsche für 2019
Mein Wunsch für das Rebjahr 2019: ein „copy paste“ der Rahmenbedingungen aus dem Rebjahr 2018. Aber was heisst es, dieselben Rahmenbedingungen anzutreffen?

Vielleicht lassen sich die Rahmenbedingungen mit nackten Zahlen greifbar machen.

Zum einen, brauchen wir die Sonne(n-Stunden) und zum anderen das Wasser (Regenmenge). Daraus ergeben sich dann ganz vereinfacht gesagt, der Ertrag und die Oechsle.

Es stehen ca. 1‘970h Sonne (im Jahr 2019) gegenüber ca. 2‘000h Sonne (im Jahr 2018). Bei der Regenmenge ca. 810l (im Jahr 2019) zu ca. 780l (im Jahr 2018). Wesentlich gross sind die Unterschiede bei diesen Parametern nicht.

Beim Ertrag wird der Unterschied markant, da stehen die mageren 301kg im Jahr 2019 den üppigen 610kg entgegen. Um die letzten Parameter aus den Jahren 2019 und 2018 zu vergleichen, ist das Mostgewicht – die sogenannten Oechsle – mit 96° (2019) resp. 102° (2018).

Um das Rebjahr begreiflicher zu machen müssen wir uns, wohl oder übel, nochmals die drei grossen Witterungsereignisse im Rebjahr 2019 vor Augen führen.

Spätfrost im Maierste Hitzewelle Ende Juni – zweite Hitzewelle Ende Juli, daraus ergaben sich die Erschwernisse wie Falschen Mehltau und Sonnenbrand und zum Schluss noch Traubenwelke.

Nun aber das Rebjahr 2019 im Suttenberg der Reihe nach:

Frühjahr
Mit den Schneidarbeiten haben wir Ende Januar begonnen. Wir haben sehr viel Altholz weggeschnitten um die Rebstöcke in der Höhe etwas einzukürzen und so besser die Strecker auf den untersten Draht binden zu können. Ganze 40 Rebstöcke sind in der Höhe eingekürzt worden. Die Schneidarbeiten erstrecken sich auf mehrere Arbeitstage.

Die Anbindarbeiten waren anfangs März abgeschlossen. Diese beiden Arbeiten sind der Grundstein für die aktuelle Saison und nehmen am meisten Zeit in Anspruch.

Über die Wintermonate wurden die Drähte neu gespannt und mit neuen Spannern versehen. Aber auch die Wasserversorgung ab dem Wassertank wurde modernisiert und bei der Pergola wurde ein Gartenhahn montiert. Der Hangrutsch aus dem Jahr 2016 macht sich noch immer bemerkbar, weshalb gewisse Pfosten mit entsprechenden Drähten um 20cm bergwärts verschoben werden mussten.

Wir waren sehr früh für die Saison parat, die Witterung war es jedoch nicht. Die milden Monate Februar und März liessen einen frühen Austrieb befürchten. Die kühlen Nächte waren das Zeichen für die Natur mit dem Austrieb noch zuzuwarten.

Am 4. April 2019 kehrt der Winter nochmals zurück und es liegt einen Flaum Schnee im Suttenberg. Zum Glück sind noch keine Grünteile sichtbar. Um die Ostern – auf Ende April – setzt die erste Warmphase ein und beschleunigt die Entwicklung der Reben, der Austrieb findet statt. Erst die Monate April und Mai entscheiden über ein frühes oder spätes Jahr – dieses Jahr war eher ein spätes Jahr.

Die Kaltphase von Ende April bis Mitte Mai bremst die Entwicklung dann wieder merklich. Schmerzlich aber glimpflich gehen die Spätfrost – Nächte um den 07. Mai über die Bühne. Fast stündlich kontrolliere ich das Meteo App, ob die Messwerte unter die null Grad Marke fallen.  Mit einer Streifung kommen wir glimpflich davon, jedoch wirft es die Entwicklung einige Tage nach hinten. Die bisher sichtbaren grünen Rebenteile sind gräulich, also gezeichnet vom Spätfrost. Die Rebstöcke erholen sich aber schnell und verfallen nicht in die übliche Schockstarre nach solchen Ereignissen. Noch schlafende Nebenaugen trieben mit drei Wochen Rückstand und entsprechend verspäteten Trauben wieder aus.

Übrigens wurden die Eisheiligen in diesem Jahr ihrem Namen mehr als gerecht. Es war über den vier Tagen zirka 4.5° Celsius kälter als in den letzten 60 Jahren. (2019: 14.5° / Durchschnitt: 19°). Vor

50 Jahren war es an diesen Eisheiligen um 31° Celsius.

Mitte Mai folgte dann sogar nochmals eine Bodenfrost – Warnung.

Der erste grosse Arbeitseinsatz verschiebt sich durch drei hintereinander folgende regnerische Samstage nach hinten. Wir weichen auf einen Dienstag aus.

Um die erste Spritzung gegen echten und falschen Mehltau auszubringen, müssen gewisse Parameter erreicht sein, unter anderem die Temperatursumme über acht Grad Celsius ab 01.01.

Die erste Spritzung erfolgte dann am 24. Mai. Die Primärinfektion der beiden Mehltaukrankheiten im Baselbiet just zu diesem Datum.

Vor der ersten Spritzung haben wir noch die Frostruten geschnitten, die wir dieses Jahr nicht gebraucht haben – trotz Spätfrostereignis.

Hochvegetation
Das Frühjahr war zu kalt und in der Hochvegetation das Wetter zu warm. Plötzlich hatten wir alle Hände voll zu tun. Die Entwicklung der Reben war eigentlich immer in etwa zwei Wochen hinter den vorherigen Jahren.  So auch die Blüte, die erst Mitte Juni stattfand, unter nicht ganz optimalen Bedingungen, was sich stellenweise in verrieselten Traubenstände bemerkbar machte. Alle Hände voll zu tun heisst, Triebe einschlaufen, Rasen mähen, auslauben und nicht vergessen die Spritzintervalle einzuhalten. Trotz grosser Hitze auf Ende Juni war der Pilzdruck nicht weniger als in kühleren Jahren. Der Zuwachs von neuen ungeschützten Blättern war gross, aber auch die Bedingungen für die Keimbereitschaft des Echten Mehltaus sind schon bei geringer Feuchte resp. Morgentau gewährt.

Immer wieder ein paar Blätter „zupfen“, den Grünschnitt machen, aber auch das im Auge behalten der Witterung und Insekten waren die Hauptaufgaben über die Sommerwochen. Mit dem Blauwerden der Beeren anfangs August wurde das Netzauflegen ein Thema. Von den ersten blauen Beeren bis zu den letzten blauen Beeren waren es die „obligaten“ 23 Tage. Einige Beeren schafften den Sprung von grün auf blau leider nicht. Diese wurden sorgfältig aussortiert.

Auf Ende Juli kam eine weitere Hitzewelle, die unseren Trauben die Feuchtigkeit förmlich aus der Haut zog und so die Beeren in sich zusammen schrumpfen liess. Der sogenannte Sonnenbrand war eine bittere Tatsache. Es schmerzte, so viele Trauben verloren zu haben, wir haben die sonnenverbrannten Beeren abgeschnitten. Es waren erstaunlicherweise nicht nur einzelne Beeren, sondern ganze Traubenspitzen, welche geschnitten werden mussten.

Am 24. August dann der Abschluss der Hochvegetation mit dem Auflegen der Netze. Ich hatte das Gefühl, die Netze wurden noch ein Stück gewissenhafter montiert, als bis anhin. Denn in diesem Jahr hatten wir keinen einzigen Vogelfrass an den Trauben zu verzeichnen.

Spätsommer
Nach dem Netzauflegen das grosse Warten  und Bangen. Die Fliegenfallen waren nach wenigen Tagen wieder rappelvoll. Die Kirschen- und Zwetschgenernte war dieses Jahr ziemlich mager, weil die Kirschessigfliege omnipräsent war. So befürchteten auch wir eine grössere Population als letztes Jahr. Wir können aber froh sein, dass es bei einem Befall ausblieb. Ob es an der grossen Konkurrenz der anderen dunklen Früchte lag, oder ob es schlicht zu heiss war – wir hatten kurzum einfach Glück.

In den September sind wir mit viel Sonne und optimalen Witterungsbedingungen gestartet. Die Nächte kühl den Tag über um die 25° Celsius. Durch den morgendlichen Tau und die warmen Tagestemperaturen kehrt der falsche Mehltau auf die Blätter zurück. Eine Spritzung ist ab Mitte August verboten,  um Rückstände im Wein zu verhindern.

Die Wetteraussichten waren ab Mitte September bis Ende September vielversprechend, obwohl man auf 14-tägige Wetterprognosen nicht viel geben darf. So kippte das Wetter dann schliesslich auch. Am 22. September fiel mehr Regen als den ganzen restlichen September. So wurde auch das Planen des Herbstens eine Herausforderung.

Nach einem sprunghaften Ansteigen der Oechsle kam in der letzten Woche vor dem Herbsten nicht mehr sonderlich viel dazu. Es fehlten schlicht die Sonnenstunden.

Am 28. September 2019 konnten wir gerade einmal 301kg mit 96° Oechsle herbsten und das Traubengut Urs Jauslin überreichen. Von der Qualität wiederum eine tolle Leistung von der Quantität haben wir uns schlicht mehr erhofft.

Wegen der geringen Menge wird der Wein in einem gebrauchten Holzfass vinifiziert.

Nachgang – Resümee
Nach dem Herbsten lag mir die schlechte Ernte auf dem Magen. Ich habe viel gegrübelt und nachgedacht. Weshalb kann nach so einem tollen Jahr, „nur“ 301kg Traubengut geherbstet werden? Für mich sind die Gründe vielschichtig, eine klare Antwort weshalb und wieso wird es nie geben.

Ob es das zu starke Einkürzen der Rebstöcke im Frühjahr war, die zu frühe Ertragsregulierung oder das zu starke Auslauben kurz vor der Hitzewelle? Oder war das Jahr 2018 einfach zu perfekt um es mit diesem  zu vergleichen? Vielleicht waren es die oben erwähnten Witterungseinflüsse, die einschneidender waren als gedacht. Ich weiss es nicht, die Freude am Schaffen im Rebberg lasse ich mir nicht nehmen.

Trübsal zu blasen wäre ebenso falsch, es gilt nächstes Jahr wieder gewissenhaft und mit viel Herzblut die anspruchsvolle und erfüllende Arbeit im Rebberg zu machen. Die Herausforderungen werden auch nächstes Jahr die immer intensiveren Wetterbedingungen und das Ausloten der richtigen Spritzmassnahmen sein. Aber auch zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Arbeiten zu verrichten.

Ich freue mich jedenfalls auf eine weitere Saison im Rebberg und bedanke mich bei allen die auch dieses Jahr tatkräftig mitgearbeitet haben.